Gesundheit und Medizin (Health and Medicine DE)
Wie sehr sind wir von Insekten abhängig?

Wie sehr sind wir von Insekten abhängig?

Zusammenfassung:

  • Die Insektenpopulationen, auch die der Bestäuber, nehmen ständig ab.
  • Insekten haben wichtige Funktionen sowohl in natürlichen als auch in landwirtschaftlichen Ökosystemen.
  • Vor allem Bestäuber sind für die Befruchtung und das daraus resultierende Wachstum vieler Pflanzenarten verantwortlich.
  • Ein Drittel der landwirtschaftlichen Erzeugnisse, die wir konsumieren, stammt von Pflanzen, deren Überleben zumindest teilweise von der Bestäubung durch Tiere abhängt.

Wespe, Biene oder Hummel? Diese Insekten werden oft verwechselt. Dabei handelt es sich um verschiedene Arten, wobei die Wespe eigentlich ein Raubtier der Honigbiene ist [1]. Sie alle gehören jedoch zu einer Gruppe von Tieren, die als Bestäuber bezeichnet werden.

Auf der Suche nach Nahrung oder Material für den Bau bzw. die Reparatur ihrer Nester tragen Bestäuber unbeabsichtigt dazu bei, Pollen vom männlichen zum weiblichen Teil der gleichen oder einer anderen Blüte zu transportieren. Neben den Insekten tragen auch andere Tiere zur Bestäubung bei, vor allem Vögel und kleine Säugetiere wie Fledermäuse. Dieser Vorgang ist notwendig, damit die Pflanze befruchtet werden und somit Samen und Früchte bilden kann. Wind und andere atmosphärische Einflüsse tragen zur Befruchtung eines kleinen Prozentsatzes der Pflanzenarten bei. Mindestens 75 % der Blütenpflanzen hängen dagegen von der Bestäubung durch Tiere ab [2, 3, 4].

In diesem Artikel werden die Ursachen für den Rückgang der Insektenpopulationen [5] erläutert. Der Schwerpunkt liegt auf den Bestäubern und ihrer Bedeutung für die Erhaltung der pflanzlichen Artenvielfalt und folglich für die Nahrungsmittelproduktion. Irgendwie neigen wir dazu, mehr an grosse Tiere zu denken, wenn wir über die biologische Vielfalt und den Schutz von Wildtieren nachdenken. Die Erhaltung von Insektenarten ist jedoch ebenso wichtig [5].

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Der wirtschaftliche Wert der Bestäubung durch Insekten wird auf etwa 10 % der weltweiten landwirtschaftlichen Produktion geschätzt, die für die menschliche Ernährung verwendet wird [6]. Tatsächlich stammt ein Drittel der von uns konsumierten landwirtschaftlichen Erzeugnisse von Pflanzen, die zumindest teilweise von Bestäubern abhängig sind [7]. Darunter gibt es einige Pflanzenarten, deren Überleben vollständig von der Bestäubung durch Tiere abhängt. Ein Beispiel für alle: Ohne Bestäuber müssten wir ohne Schokolade leben [8]! Dies geht einher mit der Tatsache, dass die Bestäubung für die allgemeine Erhaltung der pflanzlichen Artenvielfalt und damit für funktionierende Ökosysteme äusserst wichtig ist.

Abgesehen von der Bestäubung haben Insekten noch andere wichtige Auswirkungen auf die Umwelt, die uns manchmal gar nicht bewusst sind. Vor allem tragen sie zur Zersetzung organischer Stoffe bei, die für den Nährstoffkreislauf von entscheidender Bedeutung ist [9]. Darüber hinaus stehen Insekten an der Basis der Nahrungskette und bilden die Nahrung für Vögel und andere Tiere. Nicht zuletzt spielen einige Insektenarten auch eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung von Pflanzenschädlingen [5].

In den letzten 30 Jahren wurde ein Rückgang der Biomasse von Fluginsekten um mehr als 75 % beobachtet [10]. Für diesen Rückgang gibt es mehrere Gründe. Die Intensivierung der Landwirtschaft und der Klimawandel – die in der Tat miteinander verbunden sind – gehören zu den Hauptursachen [11]. Diese lassen sich genauer mit den Begriffen Abholzung und Verstädterung (Zerstörung von Lebensräumen) und extensiver Einsatz von Pestiziden umschreiben [12, 13]. Eine an Honigbienen durchgeführte Studie hat insbesondere gezeigt, dass bestimmte Arten von Pestiziden eine Langzeittoxizität verursachen. Diese sollte durch routinemässige Risikobewertungen unter Berücksichtigung der chronischen Exposition von Wildtieren gegenüber diesen Substanzen besser bewertet werden [14, 15].

Im Falle eines Massensterbens von Bestäubern würde die Pflanzenproduktion um 5-8 % zurückgehen [9, 10]. Dies hätte erhebliche Auswirkungen auf die Nachfrage nach Land für landwirtschaftliche Zwecke und folglich auf die globalen Umweltveränderungen [10]. Insbesondere die Erhaltung von Wildbestäubern ist von entscheidender Bedeutung. Studien deuten nämlich darauf hin, dass eine unkontrollierte Zunahme der Bienenzucht negative Auswirkungen auf die biologische Vielfalt von Wildbestäubern hätte. Ihre Funktion würde sogar in natürlichen Ökosystemen beeinträchtigt und die Bestäubungsleistung insgesamt verringert werden [16].

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Wie in einem unserer früheren Artikel erörtert, ist die Nachhaltigkeit der Landwirtschaft angesichts des kontinuierlichen Anstiegs der Weltbevölkerung [17] und des daraus resultierenden Bedarfs an Nahrungsmitteln [18] eine komplizierte Angelegenheit. Da die Intensivierung der Landwirtschaft eine der Hauptursachen für den Rückgang der Insektenpopulation ist [5], sind geeignete Lösungen für dieses Problem weder einfach noch offensichtlich. Der umstrittene Einsatz von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) würde dazu beitragen, die Nahrungsmittelproduktion auf hoffentlich nachhaltigere Weise zu steigern. Auf jeden Fall können wir zumindest einen Schritt nach vorn machen, indem wir unser Bewusstsein dafür schärfen, wie wichtig diese allgegenwärtigen Bewohner unseres Planeten sind. Sie mögen klein sein, aber unsere Abhängigkeit von ihrer Erhaltung ist enorm.

Quellen:

  1. Pusceddu M, Floris I, Buffa F, Salaris E, Satta A. Agonistic interactions between the honeybee (Apis mellifera ligustica) and the European wasp (Vespula germanica) reveal context-dependent defense strategies. PLoS One. 2017 
  2. “What is a pollinator?” [visited on 03.04.2022] https://www.nps.gov/subjects/pollinators/what-is-a-pollinator.htm
  3. FAO’s Global Action on Pollination Services for Sustainable Agriculture” [visited on 03.04.2022] https://www.fao.org/pollination/en/
  4. https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/j.1600-0706.2010.18644.x
  5. Goulson D. The insect apocalypse, and why it matters. Current Biology. 2019
  6. Gallai N, Salles J, Settele J, Vaissière BE. Economic valuation of the vulnerability of world agriculture confronted with pollinator decline. Ecological Economics. 2009
  7. “Why bees matter” [visited on 03.03.2022] https://www.fao.org/3/i9527en/i9527en.pdf
  8. “How much of the world’s food production is dependent on pollinators?” [visited on 03.04.2022] https://ourworldindata.org/pollinator-dependence
  9. Dirzo R, Young HS, Galetti M, Ceballos G, Isaac NJB, Collen B. Defaunation in the Anthropocene. Science. 2014
  10. Hallmann CA, Sorg M, Jongejans E, Siepel H, Hofland N, et al. More than 75 percent decline over 27 years in total flying insect biomass in protected areas. PLOS ONE. 2017
  11. Aizen MA, Garibaldi LA, Cunningham SA, Klein AM. How much does agriculture depend on pollinators? Lessons from long-term trends in crop production. Ann Bot. 2009
  12. Raven PH, Wagner DL. Agricultural intensification and climate change are rapidly decreasing insect biodiversity. PNAS. 2021
  13. “What’s Causing the Sharp Decline in Insects, and Why It Matters” [visited on 03.04.2022] https://e360.yale.edu/features/insect_numbers_declining_why_it_matters
  14. Tosi S, Nieh JC, Brandt A. et al. Long-term field-realistic exposure to a next-generation pesticide, flupyradifurone, impairs honey bee behaviour and survival. Communications Biology. 2021
  15. ​​Gill R, Ramos-Rodriguez O, Raine N. Combined pesticide exposure severely affects individual- and colony-level traits in bees. Nature. 2012
  16. Valido A, Rodríguez-Rodríguez MC & Jordano P. Honeybees disrupt the structure and functionality of plant-pollinator networks. Scientific Reports. 2019 
  17. “World population prospects” [visited on 03.04.2022] https://population.un.org/wpp/publications/files/key_findings_wpp_2015.pdf
  18. van Dijk M, Morley T, Rau ML et al. A meta-analysis of projected global food demand and population at risk of hunger for the period 2010–2050. Nature Food. 2021